Wege finden, bürokratische Hürden meistern

Frank (60) lebt schon seit vielen Jahren auf der Insel. 2021 wurde er krank und die harte Arbeit als Möbelpacker in einer Spedition fiel ihm immer schwerer. Doch er meldete sich nicht krank, sondern versuchte – so gut es eben ging – seinen Job zu erledigen. Als sein Arbeitgeber ihm ein spanisches Kündigungsschreiben vorlegte, unterschrieb er dies, ohne sich über den Inhalt im Klaren zu sein. Er hatte freiwillig gekündigt – „auf eigenen Wunsch und aus persönlichen Gründen“ stand da. Nun war er vollständig mittellos, versuchte sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten. Machte hier und dort ein bisschen Gartenarbeit oder sammelte Holz, das er dann von Tür zu Tür verkaufte. Eine eigene Wohnung hatte er zu dem Zeitpunkt schon lange nicht mehr, dazu reichte das Geld nicht. Sein Leben spielte sich ab zwischen einer Garage, in der er auch Werkzeug und andere Habseligkeiten aufbewahrte, und seinem „Wohnort“ in einem Waldstück. 

Irgendwann tauchte er dann ziemlich verzweifelt im Gemeindehaus der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde bei Pfarrerin Martje Mechels auf. Die übergab Frank in die Obhut einer ehrenamtlichen Kollegin von „herztat“. Im ersten Schritt musste sein altes Bankkonto reaktiviert werden, ein nicht ganz einfaches Unterfangen, aber unabdingbare Voraussetzung, um überhaupt einen Antrag auf Sozialleistungen stellen zu können. Der Weg durch die spanische Sozial-Bürokratie begann. Er war mit absurd erscheinenden Nachfragen und mehreren Ablehnungen gepflastert, obwohl alle Voraussetzungen für den „Ingreso Mínimo Vital“, entsprechend etwas dem deutschen Bürgergeld/Grundsicherung, gegeben waren. Eine Geduldsprobe, die sich von Antragstellung bis zur Bewilligung rund acht Monate hinzog. Unmöglich, diesen Weg ohne ausreichende spanische Sprachkenntnisse und ohne Erfahrung allein zu gehen. Aber: Am Ende haben wir es geschafft. Frank hat wieder eine bescheidene Lebensgrundlage! 

Thema „Vertrauen gewinnen“: herztat Patin Birgitt schildert einen typischen Fall

So kann es kommen….. Im November 2022 wurde herztat vom Krankenhaus Son Espases informiert, dass eine ältere Dame (Sabine K.) gefallen ist und nach einem Aufenthalt im Krankenhaus nun wieder entlassen wird. Sie lebt alleine und benötigt eventuell Hilfe beim Einkaufen, vielleicht auch mal Begleitung beim Spazierengehen und vor allem Ansprache.

Sabine wohnt ca. 30 km von meinem Wohnort entfernt, ist 79 Jahre und hat einige sehr schwere Krankheiten.  

Ich rief Sabine zig mal an, sie ließ mich aber immer am Telefon abblitzen, da sie „keine Hilfe benötigt“. Ich ließ aber nicht locker und sie gestattete es mir dann endlich, dass ich sie zuhause besuchen durfte.

Sabine war „sehr auf Abstand“ bedacht, das änderte sich aber nach und nach, nach meinen wöchentlichen Besuchen, da wir uns gut verstehen und auch viel lachen.

Inzwischen kam es sogar soweit, dass ich nun ihren Wohnungsschlüssel habe, da sie niemanden sonst hat, nicht hier auf Mallorca und auch nicht in Deutschland.

Ich übernehme für sie einige Aufgaben (sie spricht kaum spanisch):

-Ich bin die Kontaktperson bei den Ärzten, Sozialamt, sonstigen Ämtern, dort ist meine Telefonnummer angegeben. Demenstsprechend bekomme ich einige Anrufe für sie

-Ich bestelle ihre monatlichen Medikamente in der Apotheke

– Ich habe die „Pflegestufe“ beantragt, die sie auch endlich bekommen hat

– Ich begleite sie zu den Arztbesuchen, Ämtern und manchmal zum Supermarkt.

Einmal fragte mich Sabine: „Warum machen Sie das alles für mich? In meinem ganzen Leben hat noch nie jemand etwas für mich umsonst getan…“

Was soll ich dazu sagen: Mir macht es Freude, Leuten zu helfen und besonders, wenn sie niemanden mehr haben.

Heute lachen wir noch manchmal über meine anfänglichen zig Anrufe, bei denen sie mich hat abwimmeln wollen. 

Fazit: es ist sehr schwierig, sich einzugestehen, dass man Hilfe benötigt. 

Es ist aber auch verständlich, dass man erst auf Misstrauen stösst, da kaum jemand glauben kann, dass es noch Menschen gibt, die etwas umsonst tun.

Happy End nach großen Herausforderungen: herztat Patin Bettina berichtet über ihr ganz persönliches Erfolgserlebnis

Seit ca. 2018 betreue ich Michael. Er hatte einen sehr langen Krankenhausaufenthalt hinter sich. In dieser Zeit verlor er seine Wohnung, sein Einkommen, sein Erspartes und lebte auf Zeit in einem Hostel. Michael war von Existenznöten und Wohnungslosigkeit betroffen, noch sehr geschwächt und hatte große gesundheitliche Probleme. In dieser Zeit gab er niemals auf. Ich begleitete ihn auf diesem Weg und half, wo ich konnte: Behördenangelegenheiten, Arzttermine oder einfach nur mal einen Kaffee trinken, eine Kleinigkeit essen, reden. 

2022 mussten wir beide einsehen, dass Michael keine Zukunft auf Mallorca mehr hat. Ein Umzug nach Deutschland schien die einzige Option, zurück ins deutsche Sozialsystem und vor allem auch ins deutsche Gesundheitssystem. Das Ticket/den Umzug bezahlte herztat.

Es fand vorübergehend ein Zimmer bei einem Bekannten.

Nach langem Hin und Her und einigen bedrückenden Monaten konnte Michael – mittlerweile 71 Jahre alt –  im Juni 2023 endlich eine eigene kleine Wohnung beziehen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren hat er wieder ein Zuhause und ein Einkommen. In unserem letzten Telefonat Ende August war er sehr froh, positiv gestimmt und erleichtert, dass seine Odysee ein Ende genommen hat. Wir werden in Verbindung bleiben.